Sie musste selber lachen. Es war immer noch auf eine seltsame Art und Weise surreal, dass sie.... SIE, jetzt mit einem Mann zusammen lebte. Einfach so, ohne großes tam tam, ohne wir suchen eine Wohnung, oder wir ziehen jetzt zusammen-Misst!
Und naja... eigentlich gehörte die Wohnung ja ihr! Laut ihrem Makler war sie die erste gewesen, die die Wohnung angeschaut hatte. MIT Zusage unter Vorbehalt, hätte ihr die Wohnung wider Erwarten doch nicht gefallen. Hatte sie aber, also eigentlich war das Ganze hier ihrs!
"Genau wie Cedrics Hintern!", teilte sie ihrem Monitor mit und musste lachen.
Wie wahr! Natürlich würde er das mit der Wohnung mit Sicherheit ganz anders sehen. Seine Argumente würden versuchen, die ihren zu widerlegen, was er allerdings nicht schaffen würde. Wenn es nach den Fakten ging, war sie schneller gewesen als er! SO einfach war das!
Aber seltsamerweise störe es sie nicht! Es störte nicht, dass er dazu seine eigene Meinung hatte, sie immer haben würde, nicht, dass er und sie trotzdem zusammen wohnten, auch wenn es eigentlich ihre Wohnung war und auch nicht, dass er.... ja er war!
Nicht, dass er stur und bockig, groß und muskulös war. Dass er ein Ego vor dem Herrn hatte, gerne mal einen über den Durst trank, eigensinnig und unglaublich selbstgefällig war.
Nun ja… fast alle Eigenschaften konnte man auch ihr zuschreiben. Okay, das mit dem groß und muskulös zwar nicht, sie gehörte ganz klar zur Gattung klein und versteckte Muskeln, aber dafür tödlich. Aber ansonsten…. sie kompensierte Stress zwar eher mit einer Zigarette und einer Schwertübung anstatt zu trinken, aber jedem das seine. Trotzdem… prinzipiell waren sie sich gar nicht so unähnlich.
Er war zwar im Gegensatz zu ihr zwar noch unglaublich jung, aber wenn es nach ihrem Alter ging, dann käme für sie fast gar kein Fabelwesen, ein Mensch schon gar nicht, als Partner in Frage. Dann könnte sie höchstens noch einen Gott nehmen, ach das hatte sie ja schon! (wenn er auch nur ein Halbgott gewesen war!) Es hatte nicht funktioniert!
Inzwischen war ihr auch klar warum. Dan war… wie sollte sie es am besten ausdrücken, schon nicht mehr ganz von dieser Welt gewesen. Mit der Hälfte seines Herzens war er schon in Walhalla gewesen und so sehr sie sich auch danach sehnte, irgendwann wieder nachhause kommen zu können, so hatte sie durchaus noch keine Todessehnsucht. Jetzt zumindest noch nicht!
Dan war zwar ein Bild von Mann, aber leider ein Mann, den sie nicht so benutzen konnte, wie sie ihn gerne benutzt hätte. Mein Gott was hätte man mit diesen Muskeln, dem Arsch und Schwanz alles schönes anstellen können. Aber nein, es hatte nicht sein sollen. Sie hatte nicht dem Mann, aber durchaus dem Körper hinterher getrauert – was für eine Verschwendung!
Doch dann war ihr Cedric über den Weg gelaufen und hatte sie für all die verschwendete Zeit mit Dan entschädigt! Und wie er sie „entschädigt“ hatte. Mei Mei Mei, der Mann wusste wirklich was er im Bett (oder in ihrem Fall eher der Boden) zu tun hatte. Und obwohl sie sich selbst noch nie in die Kategorie devot eingestuft hatte, hatte sie am Ende nichts lieber getan, als die Beine um den Mann zu schwingen, sich an seinen breiten Schultern festzuhalten und sich von ihm nehmen zu lassen, jeden seiner Stöße zu genießen!
Und Cedrik war an diesem Abend etwas gelungen, was sehr viele Männer in 2000 Jahren bei ihr nicht mehr geschafft hatten, sie hatte alles um sich herum vergessen. Es existierten nur noch er und sie, nur noch schmecken, nur noch schlemmen, nur noch fühlen machte noch Sinn. Und wäre die Erde genau dann vor die Hunde gegangen, sie hätte nichts bereut, gar nichts! Dieser Moment war perfekt gewesen, absolutes reines Nirvana!
Vielleicht war ihm gar nicht klar, was er da geschafft hatte. Vielleicht sah er ihre Beziehung, auf welche Art sie auch immer war, nicht so wie sie. Das blieb abzuwarten.
Aber jetzt hatte sie eine Kostprobe davon bekommen, wie es sein könnte, wenn sie mit diesem Berserker zusammen bliebe. Vorausgesetzt sie wäre bereit dazu, ihn in ihr Leben und nicht nur in ihr Bett zu lassen. Und ja, sie musste zugeben dass sie wirklich mit dem Gedanken spielte, ihn zu behalten!
Sie straffte die Schultern und schüttelte über ihre eigenen Gedanken den Kopf.
Sie war auf ihre alten Tage doch noch sonderbar geworden. Sie wollte ihn behalten… wie hatte er das geschafft, dass sie so über ihn fühlte? Und wo war ihr Argwohn hin, ihre Mauer, ihre rücksichtslose Ader?
Wann hatte sie dem blöden Kerl bitteschön einen Schlüssel für ihre Gefühlswelt geben? Und wie wollte sie verfahren, wenn er den Schlüssen gar nicht wollte?
„Na dann bringe ich ihn einfach um und Feierabend!“, knurrte sie und nahm dann einen Schluck Kaffee.
Wenn er es auch nur wagen sollte, mit ihr zu spielen, würde es ein böses Erwachen für ihn geben. Berserker hin oder her, sie war älter und stärker – wenn es hart auf hart käme, würde sie ihn vernichten! So alt zu sein hatte seine Vor- aber auch Nachteile, wenn sie ihn wirklich töten wollte, dann hätte er keine Chance! Außer ihre eigene Sippe oder ein wirklich alter Vampir, und sie kannte keinen, der so alt war wie sie, waren nur noch Alpha-Werwölfe oder leibhaftige Teufel in der Lage gegen sie zu bestehen. Und bisher war keiner der Aufgezählten so unsagbar dumm gewesen, sich ihr in den Weg zu stellen, wenn sie wirklich Blut sehen wollte.
Aber so schnell wie ihr Zorn gekommen war, verrauchte er wieder. Denn sie war sich in punkto Cedric ziemlich sicher, dass er sie nicht verarschte. Das hatte er nicht nötig und es entsprach auch überhaupt nicht seinem Naturell.
Er war, was Beziehungen anging, einfach, genau wie sie. Er war direkt, er machte niemanden etwas vor, er log nicht und er versprach nichts. Er zog sein Ding durch, nahm was angeboten wurde und ging dann wieder seiner Wege. Er investierte keine Gefühle, wo keine hingehörten!
Doch genau diese Art von Gefühlskälte hatte sie bisher nicht zu spüren bekommen, ganz im Gegenteil! Er hatte gebrannt und das lichterloh – genau wie sie. Das was sie heute Nacht miteinander getan hatten, kam war zwar durchaus aus dem Genre: Um den Verstand ficken, aber dafür mit Gefühl. Am Anfang war es roh und wild, reiner Trieb und nicht mehr. Doch dann… dann war das irgendwie umgeschlagen und hatte in einer Art von…. ja verschmelzen geendet. Ihr war klar, wie kitschig das klang, aber ihr fiel wirklich kein anderes Wort für das, was passiert war, ein.
Zum Schluss waren sie tatsächlich ins Bett übergewandert. Sie hatten kein Wort gesprochen, er war als erster aufgestanden, nachdem sie nach dem Sex noch eine ganze Weile auf dem Boden gelegen waren. Er hatte sie an sich gezogen und sie hatte sich an ihn geschmiegt. Wenn sie jetzt so darüber nachdachte… ohne Worte.
Es hatte sich unbeschreiblich gut angefühlt, so angekommen, so richtig…so völlig mit sich im reinen und zufrieden.
Sie bekam jetzt noch Gänsehaut, wenn sie darüber nachdachte.
Dann war er, wie gesagt, aufgestanden, hatte ihr wortlos die Hand hingestreckt und sie hatte sie genommen. Sie waren ins Schlafzimmer gegangen, wo er sie dann einfach in seine Arme genommen und sich dann mit ihr rückwärts aufs Bett hatte fallen lassen.
Auf ihm liegend hatte sie ihm in die Augen geblickt und sehr viel mehr gesehen, als sie hätte sehen sollen, da war sie sich inzwischen sicher. Doch sie hatte ihm den Gefallen getan und anstatt etwas zu sagen, hatte sie ihn einfach nur geküsst. Dann war sie von ihm herunter aber ganz nah an seine Seite gerutscht, hatte ihren Kopf in die Kuhle zwischen Hals, Brust und Kinn legt, in irgendwie perfekt für ihren Kopf zu sein schien und hatte die Augen geschlossen.
Sie wollte nicht reden, nichts erklären, analysieren oder verstehen. Sie wollte einfach nur in seinen Armen liegen und entspannen. Für eine kurze Weile war sie nur eine Frau. Keine Walküre, kein mächtiges uraltes Fabelwesen, fast schon zu alt um noch so etwas zu fühlen. Und er war nur ein Mann, kein Berserker, kein muskelbepacktes Fabelwesen, was ihre Mauern zum Wanken brachte und sie wegen der neuen Gefühle zum Umdenken brachte.
Vielleicht hätte sie vorsichtiger sein sollen, vielleicht hätte sie dieses Verschmelzen unterbinden sollen, als sie gespürt hatte, dass es passierte. Aber das hatte sie nicht! Und wenn es wieder passieren sollte, würde sie wieder nicht. Warum wusste sie noch nicht so genau, von Liebe war keine Spur zu entdecken. Dafür musste er mehr tun, als nur mit ihr verschmelzen, auch wenn der Anfang dafür gar nicht so übel war.
Nein, Liebe war es nicht. Noch nicht einmal verliebt sein, dafür kannte sie ihn noch zu wenig. Sex alleine war es aber auch nicht. Da war mehr, nur wusste sie nicht genau, was dieses mehr bedeutete. Es könnte viel und doch gar nichts bedeuten.
Und solange er nicht wieder hier war, konnte sie ihm diese Fragen auch nicht stellen. Und sie war sich noch nicht einmal sicher, ob sie ihm diese Fragen überhaupt stellen würde, ob sie es wollte, dass er sie beantwortete. Und mal den Fall angenommen es wäre ein ja, was wenn er ihr Antworten gab, mit denen sie sich nicht arrangieren konnte? Mit denen sie nicht einverstanden war.
Und mehr noch, was wenn er seinerseits Fragen hatte, Fragen, die sie ihm vielleicht nicht beantworten konnte oder wollte. Tja… dann hätten sie wirklich ein Problem!
Sie wollte einen weiteren Schluck Kaffee nehmen, aber zum einen war die Tasse leer und selbst wenn nicht, der Kaffee wäre mit Sicherheit inzwischen eiskalt gewesen. Seufzend stellte sie die Tasse unter den Automaten und sah erneut dabei zu, wie das braune Gold in ihre Tasse floss und der Geruch ihre Sinne umnebelte. Sie liebte dieses Gebräu wirklich heiß und innig!
Dann wandte sie sich wieder dem Laptop zu und ihre Finger flogen beinahe über die Tastatur.
„Cedric… ich habe keine Ahnung wie lange du weg bist und/oder wann du wieder hier sein wirst. Und ich habe auch keine Ahnung was das Ganze hier ist, aber ich hatte Zeit zum Nachdenken. Zeit ist ja bekanntlich das Einzige, wovon ein fast Unsterblicher wirklich viel zur Verfügung hat!“
Sie hielt an und betrachtete das Wort „fast Unsterblich“ genauer. Er war sogar sehr sterblich, aber im Bezug auf sich selbst, war sie da nicht mehr so sicher. Vielleicht hatte der Gott der Zeit sie schon in das Fach „unzerstörbar, also vergiss es mit dem sterben“ einsortiert. Bei dem Gedanken wurde ihr übel, sie hoffte nicht! Irgendwann wollte sie auch gehen, diese Welt verlassen und nachhause, nach Walhalla kommen. Sie wollte ihre Schwestern und Brüder wiedersehen, ihre Eltern und die Unsterblichkeit aus ihrem wirklich langen Leben, ein für alle Mal, verbannen.
Aber noch nicht heute, oder morgen oder überhaupt in den nächsten Jahrhundert. Schon gar nicht, solange ihr dieser Berserker im Kopf herumspukte und sie ihn nicht in ihrer eigenen Kartei einsortiert hatte.
Erst würde sie rausfinden, warum ihr das Schicksal diesen Mann zur Seite gegeben hatte. Wieder lagen ihre Finger auf der Tastatur
„Es ist nicht meine Art um den heißen Brei herum zu reden und du hast sicherlich besseres zu tun, als dir während deiner Termine Gedanken über unser was auch immer zu machen. Daher mein Vorschlag: Lass es einfach laufen als das, was es momentan ist! Vielleicht ist es nichts, vielleicht wird aus dem nichts, viel. Dann ist das so. Solange es momentan ist, wie es ist, komm ich damit klar. Ist das ein Deal?“
Sie zögerte kurz, bevor sie auf Senden drückte. Diese Worte entsprachen exakt ihrer aktuellen Gefühlslage, und sie hatte noch nie gekniffen, wenn es um etwas ging, was ihr wichtig war. Also so auch heute nicht! Wenn er jetzt den Schwanz einzog, würde das den Gefühlen in ihr für ihn zwar einen Dämpfer verpassen, aber sie wären nicht unerklärbar.
Egal, sie würde jetzt einfach abwarten und Tee… nein Kaffee trinken! Zufrieden mit sich, lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück und schloss die Augen.
Wenn nicht jetzt, wann dann?